Die Hinrichtungshymne
Werner Höfer, langjähriger Moderator des Internationalen Frühschoppens", bestritt immer wieder die Autorenschaft an der Hinrichtungshymne" gegen Karlrobert Kreiten. Diese Sätze seien ihm “hineinredigiert” worden:
"Wie unnachsichtig jedoch mit einem Künstler verfahren wird, der statt Glauben Zweifel, statt Zuversicht Verleumdung und statt Haltung Verzweiflung stiftet, ging aus einer Meldung der letzten Tage hervor, die von der strengen Bestrafung eines ehrvergessenen Künstlers berichtete. Es dürfte heute niemand Verständnis dafür haben, wenn einem Künstler, der fehlte, eher verziehen würde als dem letzten gestrauchelten Volksgenossen. Das Volk fordert vielmehr, daß gerade der Künstler mit seiner verfeinerten Sensibilität und seiner weithin wirkenden Autorität so ehrlich und tapfer seine Pflicht tut, wie jeder seiner unbekannten Kameraden aus anderen Gebieten der Arbeit. Denn gerade Prominenz verpflichtet!"
Harald Wieser zu Höfers Behauptung, er habe die Hinrichtungshymne" auf Karlrobert Kreiten nicht geschrieben:
Man muß, man darf ihm gar nichts glauben. Denn Werner Höfers am 20. September 1943 erschienener "12 Uhr Blatt"-Artikel "Künstler - Beispiel und Vorbild" (wohlgemerkt: Beispiel und Vorbild im Nazi-Reich) wäre ohne die zynische Hinrichtungspointe ein Torso. Diese schlichte Wahrheit hat in "Musik im NS-Staat" schon Fred K. Prieberg formuliert: "Nur machte Anlage und Tendenz gerade dieses Artikels Änderungen überflüssig, so exakt und dramaturgisch korrekt ist er auf den Schlußeffekt - eben die Sache Kreiten - hingearbeitet, und ohne ihre Erwähnung wäre er völlig sinnlos gewesen."
Die Tendenz des Artikels nämlich ist ein Durchhaltefeuilleton, das die deutsche "Zuversicht" im Krieg als Heldentum feiert und die aus Angst oder Einsicht geborenen "Zweifel" zum Verbrechen stempelt. So lautet die Passage, die der angeblich hineinredigierten Kreiten-Stelle unmittelbar vorausgeht: "Von keinem Künstler werden Volksreden erwartet, wohl aber, daß er dort, wo er sich durch Worte oder Taten bemerkbar macht und aufgrund seines Ansehens doppelt auffällig bemerkbar machen muß, es mit positivem Erfolg tut: durch Worte, die bei seinen Zuhörern einen Zuwachs an aufrechter Gesinnung bewirken, durch Taten, die bei seinen ,Zuschauern'- und seien es nur die Nachbarn seines bombardierten Hauses - einen Gewinn an unverdrossener Haltung wecken."
Das war der Höfer-Ton in der Nazi-Publizistik. Noch angesichts des privaten Jammers "aufrechte Gesinnung" und "unverdrossene Haltung" zu bewahren - das verlangte Höfer von seinen "Volksgenossen" nicht nur in diesem, sondern in nahezu allen seinen Artikeln. Und eben diese unverdrossene Haltung hat der Pianist Kreiten in der gnadenlosen Optik des Journalisten Höfer vermissen lassen. Der Zweifler Kreiten war für den Ideologen Höfer eine Verkörperung jener "Charakterschwächen" (Verantwortungslosigkeit, Feigheit, mangelnde Kriegsbegeisterung), vor denen Höfer in seinen "12 Uhr Blatt"-Feuilletons immer wieder gewarnt hat. Und darum hatte Kreiten aus Höfers Sicht völlig zu Recht sein Leben verwirkt."