Der Fall Werner Höfer
Am 20. September veröffentlichte das Berliner 12-Uhr-Blatt" in großer Aufmachung einen Artikel »Künstler - Beispiel und Vorbild - Legende und Wirklichkeit, Rechte und Pflichten«. Sein Autor war Werner Höfer, Starkolumnist des Blattes und Schreiber auch in der vom Propagandaminister Joseph Goebbels geleiteten Zeitung Das Reich" und anderen Nazipublikationen. Im Sinne des Urteilsspruchs gegen den als »für immer ehrlos« erklärten Kreiten meditierte Höfer drohend zuvörderst über einen »Kreis Berliner Künstler«, dem kürzlich »im kameradschaftlichem Tone ins Gewissen geredet worden (ist), sich durch einwandfreie Haltung und vorbildliche Handlungen der Förderung für würdig zu erweisen, die das neue Deutschland - auch in den Stunden seiner härtesten Prüfung - den künstlerisch Schaffenden hat angedeihen lassen«. Dann, so der Historiker Götz Aly später, »... kippte Höfer seine intellektuelle Jauche auf das Grab des Ermordeten«, als er sagte:
"Wie unnachsichtig jedoch mit einem Künstler verfahren wird, der statt Glauben Zweifel, statt Zuversicht Verleumdung und statt Haltung Verzweiflung stiftet, ging aus einer Meldung der letzten Tage hervor, die von der strengen Bestrafung eines ehrvergessenen Künstlers berichtete. Es dürfte heute niemand Verständnis dafür haben, wenn einem Künstler, der fehlte, eher verziehen würde als dem letzten gestrauchelten Volksgenossen. Das Volk fordert vielmehr, daß gerade der Künstler mit seiner verfeinerten Sensibilität und seiner weithin wirkenden Autorität so ehrlich und tapfer seine Pflicht tut, wie jeder seiner unbekannten Kameraden aus anderen Gebieten der Arbeit. Denn gerade Prominenz verpflichtet!"
Von all den Karrieren, die braune Schreiber in der Alt- BRD machten, gehört die des Werner Höfer zu den spektakulärsten: leitender Redakteur beim Norddeutschen Rundfunk, 17 Jahre Moderator des »Internationalen Frühschoppens«, Fernsehdirektor des I. und III. WDR- Programms. 1962 legte die DDR durch Albert Norden Dokumente über ehemalige Nazijournalisten in den BRD- Medien vor. Auch über Höfer und seine schmutzige Denunziation des Karlrobert Kreiten. Höfer konnte dennoch bleiben. 1973 erhielt er noch das Bundesverdienstkreuz. Erst im Dezember 1987 reagierte die bundesdeutsche Öffentlichkeit auf die 25 Jahre zuvor vorgelegten Dokumente aus dem Osten. Denn, so der Spiegel am 14. Dezember 1987, Enthüllungen aus der DDR machten auf ihrer deutsch-deutschen Reise »eine wundersame Metamorphose durch: sie verwandelten sich auf den Revers der attackierten Bundesbürger in Orden - und in demokratische Anstecknadeln sogar für behelligte Nazis.« Am 22. Dezember 1987 trat Werner Höfer zurück.
(Hans Daniel)