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Theo Kreiten's Bericht

In seinem Buch “Wen die Götter lieben” beschreibt der Vater, Theo Kreiten, die Leidenszeit seines Sohnes bei der Gestapo und in der Untersuchungshaft in Berlin-Moabit:

Die Verweigerung des Einreisevisums nach Italien zu seinem Konzert in Florenz am 2. Mai war der Denunziation erste unmittelbare Auswirkung, der als zweite gleich darauf die Verhaftung durch die Gestapo in Heidelberg folgte. Auch wurde nun klar, warum die Presse von seinem letzten Klavierabend in Berlin keine weitere Notiz hatte nehmen dürfen. Bei weitem Furchtbareres sollten aber die kommenden Ereignisse bringen, als Karlrobert nach zweiwöchiger Inhaftierung bei der Heidelberger Gestapo zur Vernehmung und Gegenüberstellung mit der Denunziantin nach Berlin übergeführt wurde. Hier begann seine eigentliche Leidenszeit. Während zweier Monate durchlitt er hier, wie ein Schwerverbrecher in einer Einzelzelle eingesperrt, alle psychischen und physischen Qualen, die bei solchen Anlässen die hinlänglich bekannten Untersuchungsmethoden der Gestapo dem Häftling auferlegten. Besuche von seinen Angehörigen waren nicht gestattet. Form und Inhalt der Briefe, die er gelegentlich schreiben durfte, ließen durchblicken, daß auch in seinem Falle von der üblen Praxis nicht abgewichen wurde. Alle Schritte, die seiner Befreiung hätten dienen können, wurden unternommen. Hochgestellte, einflußreiche Persönlichkeiten, die Karlrobert zuhöchst einschätzten, verwandten sich für ihn, doch waren alle solche Bemühungen von vornherein zum Scheitern verdammt in einem Lande, in dem eine dem Nationalsozialismus konträre Lebensanschauung schärfere und härtere Verurteilung fand als ein Raubmord. Trotzdem klammerten wir uns in diesen Tagen noch immer an die Hoffnung und lebten in der naiven Vorstellung, daß das letzte Wort doch die Gerechtigkeit sprechen würde und daß die Ansicht und Äußerung eines jungen Künstlers nicht als Cause celebre für eine Verurteilung hingenommen werden könnte. Daß ihm diese Gerechtigkeit nicht trotz, sondern vielmehr wegen seines großen Rufes als Künstler versagt blieb, wurde uns erst später klar. Als willkommenes Opfer war er unentrinnbar in die Raubtierkrallen einer propagandistisch gehandhabten Justiz geraten.

Am 3. Juli, also genau zwei Monate nach seiner Verhaftung in Heidelberg, wurde er von dem Gestapohaus in der Prinz Albrecht-Straße nach dem Untersuchungsgefängnis Moabit gebracht. Dies erfuhren wir durch seinen Wärter, den Karlroberts Mutter kennengelernt hatte, als sie fast täglich den vergeblichen Versuch machte, von der Gestapo die Erlaubnis zum Besuch ihres Sohnes zu erhalten. Dieser Gestapobeamte hatte sich in seinem grauenvollen Beruf offenbar noch einen letzten Rest von Menschlichkeit bewahrt, wie sein Schreiben an Karlroberts Mutter zeigt:

Berlin, 10. Juli 1943.

Sehr geehrte Frau Kreiten, anbei übersende ich Ihnen die drei Lichtbilder, die Ihr Sohn zu seinem Geburtstag erhalten hat. Die Glückwünsche auf den Lichtbildern habe ich seinerzeit daraufgeschrieben, damit Ihr Sohn etwas Freude haben sollte. Inzwischen werden Sie wohl den neuen Aufenthaltsort Ihres Sohnes erfahren haben.

Geben Sie die Hoffnung nicht auf, auch dieser Schmerz wird vorübergehen und Ihr Karlrobert wird einstens als geläuterter Mensch, der die Welt mit anderen Augen ansieht, seinen Künstlerberuf wieder ausüben können.

Mit Deutschem Gruß!

Heller.




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